Machiavilli – Der Lehrer

(frei nach Machiavelli: Der Fürst)

Einundzwanzigstes Kapitel

Wie sich ein Lehrer verhalten muss, um Ansehen zu gewinnen

Nichts verschafft einem Lehrer soviel Achtung wie große Unternehmungen und glänzende Leistungen. Ein ruhmreicher Lehrer strebt deshalb in allen seinen Handlungen nach Größe und versucht außerordentliche Taten zu vollbringen.

Zum Beispiel beschäftigt sich der erfolgreiche Lehrer vorzugsweise mit großen Themen, welche beständig seine Schüler in Spannung und in Bewunderung halten. Er weiß, dass es seinem Ansehen sehr ersprießlich ist, in der Klasse auffallende Dinge zu tun, zum Beispiel wenn Gelegenheit entsteht Schüler wegen außerordentlicher Dinge im Guten wie im Bösen auf solche Art zu belohnen oder zu bestrafen, dass davon viel geredet werde.

Ein Lehrer erweckt große Hochachtung, wenn er sich als einen ernsthaften Freund oder Feind beweist. Er nimmt stets ohne Bedenken und entschieden Partei, weil dies stets mehr Ruhm bringt als neutral zu bleiben. Wenn zum Beispiel zwei Schüler in Streit geraten, so ist es klug, Partei zu nehmen und einem der Kontrahenten zum Sieg zu verhelfen, welcher ihm dann zu Dank verpflichtet ist.

Schlussendlich muss ein Lehrer Sinn für tüchtige Leistungen bekunden und vorzügliche Schüler in jedem Fache ehren. Er muss seinen Schülern Stimmung machen, dass sie sich friedlich ihres Lernens betätigen, sei es in Mathematik, in Deutsch, oder in einem anderen Fache. Er muss seine Klasse zu gehörigen Zeiten im Jahr mit Festlichkeiten und Schauspielen beschäftigen, sich menschenfreundlich und freigiebig beweisen, dabei aber seine Würde in allen Dingen behaupten; sie darf niemals vernachlässigt werden.

 

Sarah Rotermund